Schlaganfall beim Hund? Nein, Vestibularsyndrom

An einem Sonntag im Dezember 2017 kehrten wir von einer dreitägigen Reise ins Sauerland nach Hause zurück. Hinter uns lagen tägliche Wanderungen im Schnee. Für Sandy mit ihren damals 13 Jahren eine Herausforderung, die sie ohne merkbare Anstrengung gemeistert hatte. Zu Hause angekommen, machten wir uns direkt auf den Weg zu einem Spaziergang, denn bei uns schneite es nun mittlerweile auch kräftig, und der Schnee lag schon an die zehn Zentimeter hoch.

Nach etwa drei Kilometern wollten wir eigentlich noch einen kleinen zusätzlichen Schlenker einbauen, als es plötzlich anfing.

Symptome: Gleichgewichtsstörungen (Taumeln, Schwanken), Zittern, Nystagmus (Augenzucken)

Sandy begann plötzlich mitten im Laufen zu schwanken, rutschte hinten weg, rappelte sich aber immer wieder auf und hielt den Kopf angestrengt hoch, dabei leicht schräg. Wir rannten sofort zu ihr, hielten sie fest und versuchten, sie zu beruhigen, denn sie zitterte am ganzen Körper. Nach etwa drei Minuten war der Anfall vorbei, und wir gingen - natürlich wahnsinnig erschrocken, besorgt und verängstigt - langsam nach Hause. Sie lief fast normal, nur die Kopfhaltung war eine kleine Weile noch seltsam nach links geneigt.

Wir waren nun erst einmal ratlos, was das gewesen sein könnte, tippten aber darauf, dass unsere Kurzreise wohl doch zu anstrengend für sie gewesen sein könnte. Da sie sich nun wieder völlig normal verhielt und auch mit gutem Appetit fraß, beschlossen wir, abzuwarten.

Zwei Tage später, am Dienstag Morgen, lag sie morgens noch im Schlafzimmer in ihrem Bettchen, während ich im Bad war. Im Augenwinkel bekam ich mit, dass sie aufstand und ins Wohnzimmer ging, und dort hörte ich es poltern. Ich sah, wie sie an der Couch entlang taumelte und verzweifelt versuchte, auf den Beinen zu bleiben. Ich stürzte zu ihr hin, nahm sie fest in den Arm und stabilisierte so ihren Körper, streichelte sie und redete beruhigend auf sie ein. Nach wenigen Minuten war der Anfall vorbei, und nach etwas Abwarten wagte ich mit ihr und Kari eine kurze Gassi-Runde. Im Anschluss daran fuhr ich direkt mit ihr zu unserem Tierarzt.

Diagnose und Therapie des Vestibularsyndroms

Unserem Tierarzt stellte ich einen äußerlich völlig gesunden Hund vor. Sie zeigte wie zuvor keinerlei Symptome und verhielt sich ganz normal und agil. Der Tierarzt untersuchte sie eingehend und konnte nichts feststellen. Auf Grund meiner Beschreibung war er sich jedoch sicher, dass es sich um eine milde Form des Vestibularsyndroms handelte. Vom Vestibularsyndrom hörte ich zum ersten Mal; er sagte jedoch, dass das bei einem älteren Hund nicht so selten vorkommt und von den Besitzern häufig für einen Schlaganfall gehalten wird.

Sandy bekam eine Spritze und für einen Monat das Präparat Vitofyllin 100 mg, von dem sie täglich zwei Tabletten bekommen sollte. Das Vestibularsyndrom verschwindet normalerweise innerhalb von vier bis sechs Wochen. Wir sollten wiederkommen, falls es schlimmer wird.

Verlauf: bei Sandy anfallsartig, nach zwei Wochen abgeklungen

Zwei Tage später hatte Sandy den nächsten Anfall, diesmal etwa eine halbe Stunde lang. Nun sah ich auch zum ersten Mal den Nystagmus, also das schnelle Hin- und Herbewegen der Augen. Am Tag darauf hatte sie einen weiteren Anfall, der allerdings wieder nur kurz und wesentlich harmloser war. Bei der Gelegenheit hatte ich mein Handy griffbereit, um das Geschehen zu filmen. (Warum? In erster Linie, damit ich es dem Tierarzt zeigen kann, falls nötig. Nun mag es vielleicht für andere Hundebesitzer hilfreich sein.)

Danach vergingen mehrere Tage, bis Sandy wieder einen Anfall hatte. Auch dieser dauerte nicht lange und war eher schwach ausgeprägt. Seitdem passierte nichts mehr. Wir hatten offenbar richtig Glück und tatsächlich nur eine milde Form des Vestibularsyndroms erwischt.

Vorbeugend: Karsivan

Ich gab Sandy vorbeugend jeden Tag eine Tablette Karsivan 100 mit ins Futter. Es handelt sich dabei um ein frei verkäufliches Präparat mit Propentofyllin, das mir von einer Hundefreundin empfohlen wurde. Wie ich später bemerkte, ist Propentofyllin der Wirkstoff, den wir beim Tierarzt bekamen, als es akut war. Es verbessert die Durchblutung peripherer und zerebraler Gewebe. Die Sauerstoffversorgung der lebenswichtigen Organe wird gesteigert. Es ist generell ein Präparat für ältere Hunde, um Alterserscheinungen zu lindern. Es soll aber auch helfen, ein Wiederauftreten des Vestibularsyndroms zu verhindern.

Und auch, wenn ich euch das Karsivan hier verlinke und es frei verkäuflich ist, lege ich euch gleichermaßen ans Herz, erst mit eurem Tierarzt darüber zu sprechen, ob es für euren Hund geeignet ist. Achtung, manche Hunde vertragen es leider nicht und leiden nach der Gabe unter Übelkeit. Sandy vertrug es problemlos. Ich gab es ihr täglich bis zu ihrem Lebensende, und das Vestibularsyndrom trat bei ihr kein zweites Mal auf.

Karsivan 100 (auch mit halber Wirkstoffmenge für kleinere Hunde erhältlich)*

Fazit: Keine Panik!

Der anfängliche Schock war unbeschreiblich. Wenn man einen Hund in dem Alter hat, muss man eigentlich jederzeit damit rechnen, dass er krank wird; wenn es allerdings so plötzlich kommt und so dramatisch aussieht, ist man darauf nicht vorbereitet.

Als ich nach und nach begriff, dass Sandy keinen Schlaganfall hatte und somit mit ihrem Gehirn alles ok war, war meine Erleichterung riesig. Das Vestibularsyndrom wirkt zwar zunächst sehr bedrohlich und ist für den Hund sicherlich auch kein Spaß, aber Folgeschäden sind in der Regel nicht zu befürchten. Bei meiner Recherche sah ich viel schwerere Fälle, bei denen die Hunde über Tage die Symptome zeigten, während es sich bei Sandy immer nur um mehr oder weniger kurze Anfälle handelte. Vor und nach diesen Anfällen war sie wie immer, und daher packten wir sie auch nicht in Watte und machten normale Spaziergänge.

Die Anfälle selbst waren für sie ziemlich schlimm, glaube ich. Sie zitterte am ganzen Körper und schien sehr dankbar zu sein, dass ich sie die ganze Zeit fest in meinen Armen hielt und tröstete. Abgesehen davon, dass so ein extremes Schwindelgefühl fürchterlich ist, kommt bei einem Hund sicherlich die Angst hinzu, dass er nicht weiß, was da mit ihm geschieht. Nähe und Trost finde ich in dieser Zeit daher ganz wichtig - abgesehen davon besteht bei einem Hund, der so stark taumelt und schwankt natürlich auch erhöhte Verletzungsgefahr.

Ich hoffe, dass jedem, der über das Vestibularsystem recherchiert, eines klar ist, aber ich schreibe es sicherheitshalber auch in diesen Artikel: Die Erkrankung ist kein Grund, den Hund einschläfern zu lassen! Ich kann mir vorstellen, dass man auf den Gedanken kommt, wenn der Hund die Symptome dauerhaft zeigt, wie es meistens der Fall ist. Sandys kurze Anfälle schienen eher eine Ausnahmeerscheinung zu sein.

Steht das mit eurem Vierbeiner durch, passt auf ihn auf, helft ihm, tröstet ihn, kuschelt und streichelt, so oft es geht - seid der Beistand, den ihr in einer solchen Situation selbst haben wollen würdet. Gute Besserung allen erkrankten Hunden!

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